Empfehlung für die Anpassung des Systemrisikopuffers und Systemrelevante Institute-Puffers (FMSG/3/2020)

24. Sitzung, 15. Juni 2020

Das Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) hat die bereits in seiner 23. Sitzung begonnene Evaluierung des Systemrelevante Institute-Puffer (O-SII Puffer) und des Systemrisikopuffers (SyRP) abgeschlossen. Die beiden makroprudenziellen Kapitalpuffer haben das Vertrauen von Investorinnen und Investoren in das österreichische Bankensystem gestärkt. Sie können in der aktuellen Krise ihre intendierte Wirkung entfalten, indem Banken risikotragfähiges Kapital zur Verfügung steht, dessen Verwendung zwar zu Einschränkungen bei der Gewinnverwendung führen kann, aber darüber hinaus keine unmittelbaren aufsichtlichen Konsequenzen hat.

Der O-SII Puffer adressiert das „Too-Big-To-Fail“ Problem, d.h. er zielt darauf ab, die Wahrscheinlichkeit einer Fehlfunktion oder eines Scheiterns eines großen, systemrelevanten Kreditinstituts und den damit verbundenen Schaden für das Finanzsystem zu reduzieren.

Der SyRP adressiert die systemischen Risiken, die sich durch die besondere Situation des österreichischen Bankensystems mit seiner Größe, geografischen Konzentration gegenüber aufstrebenden Volkswirtschaften, seinen spezifischen Eigentümerstrukturen und der geringen strukturellen Profitabilität ergeben.

Evaluierung des Systemrisikopuffers

Bereits in der 23. Sitzung des Gremiums wurde festgestellt, dass der SyRP seit seiner ersten Einführung im Jahr 2016 effektiv die strukturellen systemischen Risiken adressiert hat, und die Kreditvergabe an Unternehmen und Haushalte dynamisch war. Der SyRP hat wesentlich dazu beigetragen, die Wahrnehmung des österreichischen Bankensektors durch Investoren, Ratingagenturen und internationale Finanzinstitutionen zu verbessern. Durch die Verbesserungen des Ratings des österreichischen Bankensystems und zahlreicher Banken sanken die Refinanzierungskosten der Banken und der Realwirtschaft. Der SyRP stärkt die Funktionsfähigkeit der Risikoteilung im Bankensektor sowie die Kreditvergabe, besonders in Krisenzeiten.

Eine Störung im österreichischen Finanzsystem insgesamt oder von Teilen des Finanzsystems kann schwerwiegende negative Auswirkungen im Finanzsystem und in der Realwirtschaft nach sich ziehen: die schwache strukturelle Profitabilität, die spezifischen Eigentümerstrukturen, die in einer Krise teilweise nur eingeschränkt in der Lage wären, Banken zu rekapitalisieren, sowie das hohe Auslandsengagement gegenüber aufstrebenden Volkswirtschaften in Europa erhöhen das Risiko für solch eine Störung. Der SyRP ist notwendig, um diese strukturellen Systemrisiken zu adressieren, das exzellente Rating des österreichischen Bankensystems und die günstigen Refinanzierungskosten zu erhalten und staatliche Bankenrettungspakete zukünftig zu vermeiden.

Evaluierung des Systemrelevante Institute-Puffers

Eine Fehlfunktion oder das Scheitern eines systemrelevanten Institutes kann zu einer Störung im Finanzsystem insgesamt oder von Teilen des Finanzsystems führen, die schwerwiegende negative Auswirkungen im Finanzsystem und in der Realwirtschaft nach sich zieht. Die systemische Relevanz und Antizipation von möglichen staatlichen Hilfsmaßnahmen im Krisenfall führen zu Moral Hazard. Der Puffer für systemrelevante Institute reduziert die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls und kompensiert damit (teilweise) die höheren sozialen Kosten, welche von einer Fehlfunktion oder einem Scheitern eines Kreditinstituts ausgehen.

Die EBA-Leitlinie (EBA/GL/2014/10) sieht zwei Schritte zur Identifikation vor. In einem ersten Schritt werden Institute anhand von Indikatoren identifiziert, die (i) Größe, (ii) Relevanz für die Wirtschaft der Union oder des betreffenden Mitgliedstaats, (iii) Bedeutung der grenzüberschreitenden Tätigkeiten und (iv) Verflechtungen des Instituts oder der Gruppe mit dem Finanzsystem abbilden. In einem zweiten Schritt („supervisory judgement“) ist vorgesehen, dass nationale Aufsichten ihre Expertise über den konkreten Bankensektor nützen, um sicherzustellen, dass alle systemrelevanten Banken als O-SIIs erkannt werden, auch wenn dies aufgrund der Mechanik des ersten Schritts nicht der Fall wäre.

Für die quantitative Unterlegung der nationalen Expertise hat das FMSG im Jahr 2018 Erweiterungen beschlossen. Einerseits werden die gesicherten Einlagen als zusätzlicher Indikator berücksichtigt, da Banken, die ein hohes Maß an gesicherten Einlagen aufweisen und daher im Einlagensicherungsfall eine Be- oder Überlastung des Einlagensicherungssystems darstellen würden, eine hohe systemische Relevanz haben. Anderseits stellen auch Banken, die beim EBA-Score unauffällig, aber bei einem der gemäß EBA-Leitlinie angewandten Indikatoren besonders hoch exponiert sind, eine potenzielle Gefährdung der Finanzmarktstabilität dar. Zudem können Banken nicht nur auf konsolidierter Ebene, sondern auch auf Soloebene systemisch relevant sein.

SyRP und O-SII Banken und Pufferhöhen

Da sich diese Systemrisiken sowohl auf konsolidierter als auch auf unkonsolidierter Ebene manifestieren und die Kapitalallokation insbesondere innerhalb einer grenzüberschreitenden Bankengruppe in einer Krise nicht flexibel ist, wird empfohlen, den SyRP sowie den O-SII Puffer auch weiterhin sowohl auf konsolidierter als auch unkonsolidierter Ebene zu vergeben.

Der Review der EU-Eigenkapitalrichtlinie (Capital Requirements Directive, CRD V) sieht ab Jahresende 2020 die Additivität von O-SII Puffer (Art 131 CRD V) und SyRP (Art 133 CRD V) vor. Das Gremium hat festgestellt, dass die optimale Umsetzung dieser Bestimmung im Sinne einer vollständigen Neukalibrierung im aktuellen Umfeld aufgrund der hohen Unsicherheit über den weiteren Krisenverlauf eine schrittweise Vorgehensweise erfordert. Vorbehaltlich der Umsetzung der CRD V in österreichisches Recht empfiehlt es daher, die Höhe der Puffer so anzupassen, dass es mit 29.12.2020 bis Ende des Jahres 2022 nicht bloß aufgrund der rechtlichen Änderungen zu einer Erhöhung der effektiven Pufferanforderungen kommt. Das Gremium wird die Auswirkungen der Covid-19 Krise jedoch zumindest jährlich evaluieren. Unabhängig von der Umsetzung der CRD V in österreichisches Recht empfiehlt das FMSG weiters eine Senkung des SyRP auf 0,5 % für vier Banken des Sektors der Landes- und Hypothekenbanken, da der Beitrag dieser Banken zur systemischen Verwundbarkeit aufgrund der deutlich reduzierten Garantien der öffentlichen Hand (Wegfall der sog. „Gewährsträgerhaftung)“ gesunken ist. Zudem empfiehlt das Gremium keine Anwendung des SyRP für zwei weitere Banken (Sberbank und Denizbank), da deren Exponierung gegenüber dem systemischen Klumpenrisiko deutlich zurückgegangen ist.

Damit ergeben sich auf konsolidierter und unkonsolidierter Ebene folgende vom Gremium empfohlene Höhen für den Systemrisikopuffer (SyRP) und O-SII Puffer:

Überblick über die Bankenauswahl und Pufferhöhen auf konsolidierter Ebene
  O-SII SyRP O-SII & SyRP
additiv
Pufferhöhe in % der RWA ab 29.12.2020 ab 29.12.2020 ab 29.12.2020
   
Erste Group Bank 1,00 1,00 2,00
Raiffeisen Bank International 1,00 1,00 2,00
UniCredit Bank Austria 1,00 1,00 2,00
BAWAG P.S.K. 0,50 0,50 1,00
Raiffeisenlandesbank Oberösterreich 0,50 0,50 1,00
Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien 0,50 0,50 1,00
Volksbanken Verbund 0,50 0,50 1,00
HYPO NOE Landesbank für Niederösterreich und Wien   0,50 0,50
Oberösterreichische Landesbank   0,50 0,50
HYPO Tirol Bank   0,50 0,50
Hypo Vorarlberg Bank   0,50 0,50
Überblick über die Bankenauswahl und Pufferhöhen auf unkonsolidierter Ebene
  O-SII SyRP O-SII & SyRP
additiv
Pufferhöhe in % der RWA ab 29.12.2020 ab 29.12.2020 ab 29.12.2020
   
Erste Group Bank 1,00 1,00 2,00
Raiffeisen Bank International 1,00 1,00 2,00
UniCredit Bank Austria 0,50 0,50 1,00
Raiffeisenlandesbank Oberösterreich 0,50 0,50 1,00
Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien 0,50 0,50 1,00
BAWAG P.S.K. 0,50   0,50
Erste Bank der österreichischen Sparkassen 0,50   0,50